Altersarmut, wir kommen!

Beunruhigendes Ergebnis einer Studie: Jugend sichert sich trotz besseren Wissens nicht ab

Altersvorsorge? Wer nichts hat, kann auch nichts zurücklegen. Foto: Raufeld

„Das ist wirklich die allerletzte meiner Sorgen!“, sagt Sarah und lacht ungläubig, als hätte man sie gerade nach der besten Erntezeit für Zucchini gefragt. Dabei ging es um Altersvorsorge. Die heutigen Jugendlichen sind überfordert von Rentenreform und Alterssicherung, so das Ergebnis der Studie „Jugend, Vorsorge, Finanzen – Herausforderung oder Überforderung?“, die in der vergangenen Woche vorgestellt wurde.

Regeln zu kompliziert

„Die Mehrzahl der befragten Jugendlichen steuert ungewollt auf die Altersarmut zu“, sagt Klaus Hurrelmann, Jugendforscher und wissenschaftlicher Leiter der Studie. „Sie sind zur Zukunftssicherung bereit, verstehen aber die komplizierten Regelungen nicht.“ Dabei hätte die Jugend gute Voraussetzungen, eines Tages abgesichert ins Rentenalter zu starten, denn es handelt sich laut Studie um eine sehr leistungsorientierte Generation, die flexibel, mobil und allseits bereit ist, gesellschaftliche Verantwortung zu tragen. Dies würden sie jedoch auch von der Politik erwarten – die Studie zeigt, dass die Jugend mit einem Staat rechnet, der auch in Zukunft eine sozial ausgleichende Rolle spielen wird.

Die Berliner Jugend, die wir zu diesem Thema befragt haben, ist realitätsbewusster: „Ich denke nicht, dass der Staat sich irgendwie um uns kümmern wird“, sagt der 23-jährige Nick. „Es wird wahrscheinlich überhaupt keine Unterstützung mehr geben.“ Dann fügt er hinzu: „Trotzdem – das interessiert mich jetzt einfach noch nicht.“ Auch der 17-jährige Leon findet es komisch, als Jugendlicher ans Alter zu denken. „Wer weiß denn, ob es nicht schon ein ganz anderes System gibt, wenn ich mal alt bin. Und dann hätte ich ja völlig umsonst jeden Monat Geld irgendwohin bezahlt, das dann einfach weg ist“, sagt er. Viele Jugendliche setzen wie er auf Zeit. „Ich habe sowieso schon kein Geld, da will ich nicht jetzt für etwas sparen, von dem nicht sicher ist, dass es überhaupt eintrifft“, sagt Sarah. „Und vielleicht werde ich ja Millionärin, dann würde ich mich ärgern, wenn ich mir in meinen knappen Jugendjahren etwas fürs Alter vom Munde abgespart hätte.“ An die Rente zu denken, bevor das Leben richtig begonnen hat, halten viele für Zeitverschwendung.

„Eine wesentliche Schlussfolgerung der Studie ist, dass die Kompetenz Jugendlicher in Finanzdingen und in Fragen der Altersvorsorge dringend gestärkt werden muss“, so Hurrelmann. Und die Verantwortung dafür sieht er vorrangig im Bildungswesen. Schulen seien bisher ein wirtschaftsfreier Raum, und die Themen Wirtschaft und Finanzen müssten zukünftig eine viel größere Rolle spielen.

Keine langfristigen Verträge

Bleibt die Frage, welche Anlagemöglichkeiten für junge Leute überhaupt zu empfehlen sind – schließlich haben die wenigsten Jugendlichen am Monatsende etwas zum Sparen übrig. Altersvorsorge-Expertin Karin Baur von der Zeitschrift Finanztest rät vor allem von langfristigen Knebelverträgen ab: „Jugendliche können ihre Zukunft langfristig gar nicht absehen, gerade aufgrund ihrer Flexibilität und Mobilität“, sagt sie. Sie empfiehlt staatlich geförderte Anlagemöglichkeiten wie die Riester-Rente und andere vermögenswirksame Leistungen. Und was sagt die Jugend dazu? „Kein Interesse. Das ist noch so weit hin – bis dahin ist vielleicht schon die Atombombe gefallen“, meint Sarah.

von Stefanie Möser

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