Fotoserie, Teil 3:
In unserer Serie öffnen wir die Türen zu außergewöhnlichen Wohngemeinschaften, in denen wir in den Kühlschrank, unter das Sofa und hinter die Kulissen schauen durften. Heute: Wie aus einer WG ein Restaurant wurde.
Auf Werners ehemaligem Hochbett lagert zerkleinertes Knödelbrot. Wo früher das Wohnzimmer war, steht jetzt ein Tresen, zusammengeschustert aus den alten Küchendielen. Eine Zweier-WG in Neukölln hat sich verwandelt – in ein Südtiroler Knödelrestaurant. „Wir wollten von Anfang an mehr als nur wohnen“, sagt Knödelwirt Werner. Deshalb öffneten er und sein Mitbewohner Jakob ihre Wohnungstür. Erst für Kunstausstellungen und kleine Events, dann etablierte sich ein freitägliches Knödelessen, das sie via Facebook ankündigten. Mittlerweile führen der studierte Produktdesigner und sein Freund Christian, die beide aus dem Alpenraum stammen, eine echte „Knödelwirtschaft“. Mit dem Wohnzimmer-Charme der unverputzten Wände, dem zusammengewürfelten Flohmarktmobiliar und der handverlesenen Musik ist die entspannte WG-Atmosphäre erhalten geblieben. Eine kulinarische Heimat-Sehnsucht verbirgt sich hinter dem Erfolgsrezept Knödel allerdings nicht: „So romantisch ist das gar nicht“, amüsiert sich Werner. „Wir wollten einfach was mit Essen machen. Etwas, das wir können.“ Dabei kamen Knödel zu WG-Zeiten eher selten auf den Tisch, meist gab es studententypisch Pasta.
Die Zweier-WG von damals existiert nun an einem anderen Ort. Mitbetreiber Christian ist nicht eingezogen. „Wohnen und Arbeiten trennen wir lieber“, sagt Werner. Angst, dass ihr Projekt scheitert, hatten die Knödel-Jungs nie. „So darf man da nicht rangehen. Man muss es einfach ausprobieren.“
Was ihr sonst noch wissen müsst:
Runde Sache: Neun Stück verspeiste der aktuelle Rekordhalter im Knödel-Futtern. Zur Orientierung – in der Karte wird Gästen mit „Bärenhunger“ das Bestellen von fünf Knödeln empfohlen.
Traute Zweisamkeit: Werner schwört auf das Leben in einer Zweier-WG, weil man alles so unkompliziert organisieren kann. Wieder zu siebt in einer Riesen-WG wohnen? Bloß nicht!
Der Kassenschlager: Besonders beliebt ist, was auf der Nachtischkarte steht. Der süße Kastanienknödel ist Werners und Christians Eigenkreation. Ein geschmackliches Experiment und definitv der Publikumsliebling.
Einfach machen. So lautet Werners Lebensmotto. Als er nach Berlin kam, hatte er keinen blassen Schimmer, was er hier überhaupt anstellen wollte. Dafür ist ihm sein Start in der Hauptstadt aber wirklich beeindruckend gut geglückt.
Do it yourself! Noch immer kümmern sich Werner und Christian im Restaurant um alles selbst: Kochen, Putzen, Servieren, Finanzen und ein stets aktueller Facebook-Account. Anfangs kamen manchmal nur zwei Gäste und jeder eingenommene Cent wurde gleich wieder investiert. Deshalb ist vieles in der Knödelwirtschaft selbstgemacht.
Margarethe Neubauer, 21 Jahre, wird in Zukunft sicher des Öfteren auf einen Löwenzahnknödel bei Werner vorbeischauen