„Dennoch vermisse ich meine Heimat Syrien“

Reportage über einen Besuch im Flüchtlingsheim.

Von Josepha Holletz, Klasse 10e des Bertha-von-Suttner Gymnasium

Der Himmel ist bewölkt und das Gras in der Wackenbergstraße 81 vom Regen noch nass. Die Türen der alten Polizeisporthalle, die als Notunterkunft für Flüchtlinge dient, scheinen verschlossen zu sein, und eine graue etwa zwei Meter hohe Mauer, die das Grundstück umschließt, lässt das zweistöckige Gebäude eher nach einem Gefängnis als nach einem Zuhause für hunderte Menschen aussehen. Nach circa fünf Minuten wird der Notausgang, wie sich später herausstellt, von zwei jungen Security Männern geöffnet, die ihren Chef fragen wollen, ob ein Interview mit den hier wohnenden Flüchtlingen möglich sei.

Neugierig schauen die Flüchtlinge, als die zur Verfügung gestellte Dolmetscherin, sie heißt Diana, die Turnhalle betritt. Sie ist 1.60 Meter groß, stark geschminkt und trägt einen schwarzen Minnie-Mouse-Pullover. Sie scheint sehr vertraut mit den Flüchtlingen zu sein, die sofort auf sie zukommen und ihr auf Arabisch etwas zurufen. Drumherum spielen die zwei Sicherheitsangestellten mit fünf Jungen Fußball und ein paar Mädchen fahren mit einem Roller. Die Interessierten unter ihnen versammeln sich um zwei Sofas mit ausgeblichenem Blumenmuster darauf und warten gespannt. Erst jetzt kann man die Turnhalle wirklich betrachten: Dort stehen über einhundert Doppelstockbetten, umwickelt mit weißen und grünen Laken, um etwas Privatsphäre zu schaffen. Die vielen Betten scheinen in zwei Kategorien aufgeteilt zu sein, in die für Männer und Frauen, auch wenn man bisher nur Männer und Jungen sowie junge Mädchen sieht. Drei Flüchtlinge erklären sich bereit Fragen zu beantworten, darunter ein 27 Jahre alter Mann und ein 12 Jahre altes Mädchen, die uns jedoch leider ihre Namen nicht nennen dürfen. Der junge Mann fängt zuerst an mit uns zu sprechen. Er hat kurze dunkle Haare, trägt eine blaue abgetragene Jogginghose und flache abgenutzt aussehende Schuhe. Er erzählt, dass er vor drei Monaten wegen „politischer Gründe“ alleine aus Ägypten geflohen ist. Während er spricht, stehen zwölf Menschen um ihn, die gespannt zuhören und ihm mit einem kurzen Nicken zustimmen oder Eigenes auf Arabisch hinzufügen. Diana übersetzt, da er nur brüchiges Englisch spricht, und gibt weiter, dass er in seiner Heimat Ägypten Maschinenbau studiert und sogar sein Diplom habe. Hier in Deutschland, sagt er, fühle er sich wohl und es gefalle ihm auch. Schmunzelnd fügt er hinzu, dass ihm besonders die deutschen Frauen gefallen und, dass er „eine deutsche Frau als Braut“ haben wolle. Auch wir seien „sehr hübsche Mädels“.

Zögernd tritt nun das junge Mädchen zu Diana. Sie hat ihre langen schwarzen Haare in einen Pferdeschwanz zusammen gebunden, aus dem bereits ein paar Haare herausfallen. Während sie anfängt zu erzählen, wandern ihre großen dunklen Augen an den Herumstehenden vorbei und sie zieht verlegen an ihrem blauen Pullover, der mit einem tanzenden Affen bedruckt ist. Stolz sagt sie, dass sie 12 Jahre alt sei und aus Syrien komme. Sie ist mit ihrer Mutter, drei Brüdern und drei Schwestern geflohen und seit 2 ½ Monaten lebt sie in Berlin. Über sich selbst erzählt sie, dass sie es in Deutschland möge. Ihr gefällt die deutsche Gesellschaft, aber trotz alledem vermisse sie ihre Heimat Syrien. Die Frage danach, ob sie sich etwas für ihre Zukunft wünsche, beantwortet sie, ohne zu überlegen, damit, dass sie gerne einmal zur Schule gehen möchte, denn das konnte sie wegen des Krieges in Syrien nicht.

Ihre letzte Aussage ruft wieder die immer vorhandene Fremdheit und die Unterschiede zwischen allen Kulturen hervor: Dass etwas wie die Schulpflicht einfach in Syrien nicht gilt und es zu einem Wunsch gehört, zur Schule zu gehen, wo hier in Deutschland oftmals gemeckert wird. Das ist einfach etwas sehr Unbekanntes.

Nachdem jedoch noch ein paar Fotos geschossen werden, auf denen lächelnde Gesichter in die Kamera blicken, ist der Bann gebrochen. Die Sonne geht gerade unter und wirft ein warmes orangefarbenes Licht auf den Vorhof des Gebäudes. Lächelnd verabschiedet sich die Gruppe von Flüchtlingen, das Versprechen wird gemacht, sich die Fotos zu senden, damit diese in die Heimat gesendet werden können.

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